Weder das Ende der Schwarzgeld-Ära noch das neue Aufsichtsregime kann ihnen etwas anhaben
(Auszug aus dem Artikel vom 25.3.2021)
ANDRÉ MÜLLER
Sie seien zu viele, zu klein und hätten nach dem Ende des Bankgeheimnisses sowieso nichts mehr zu bieten: Den Vermögensverwaltern in der Schweiz wird seit Jahr und Tag ein baldiges Ende prophezeit. Es ist bisher nicht eingetroffen: Die «external asset managers« (EAM), wie die Banken sie nennen, verwalten heute in der Schweiz zwischen 400 du 500 Mrd. Fr. an Kundenvermögen, das sind 10 bis 15% aller hier gebuchten Vermögen. Rund 2000 teilweise sehr kleine Vermögensverwalter gibt es: Im Schnitt kümmern sich drei bis fünf Mitarbeiter um einige Dutzend Kunden, die Median-Firma verwaltet 118 Mio. Fr. Die Branche ist jedoch sehr heterogen: Vom Ein-Mann-Betrieb bis zum staatlichen Unternehmen, das mehrere Milliarden verwaltet, ist alles dabei.
Die Banken, eine Hassliebe
Die ersten EAM wurden in den 1980er Jahren von erfolgreichen Kundenberatern gegründet, die sich in ihrer Bank nicht mehr gut aufgehoben fühlten; die Fusion von SBG und Bankverein brachte einen nächsten Schub. Auch die Finanzkrise von 2008 beförderte den Trend, weil manche Kunden dem Rat ihrer Banken nicht mehr vertrauten. Noch heute wagen sich jährlich zahlreiche Bankberater in die Selbständigkeit und nehmen ihre Kunden mit. Dorner spricht dabei von einer Arbeitsteilung im Finanzsystem: «Der Vermögensverwalter ist gewissermassen der Hausarzt, er kennt den Kunden, seiner Familie. Die Grossbank ist, wie ein Kantonsspital, für anderes da.
Die Banken würden den Kunden zwar am liebsten nicht bloss als Geldlager dienen, sondern sie auch umfassend beraten. Dennoch wolle heute kaum eine Bank das Geschäft mit EAM missen, sagt Stefano Veri, der bei der Marktführerin UBS für das Geschäft mit Finanzintermediären verantwortlich zeichnet. Zwar seien die Bruttomargen tiefer, als wenn die Bank den Kunden ganz bei sich habe. «Doch auch die Kosten für die Akquise und die Verwaltung der Kunden sind viel geringer als im Wealth-Management.» Zudem behalten die Finanzinstitute als Depotbank immerhin noch einen Fuss in der Tür.
Erfolgreiche EAM könnten speziell zwei Dinge sehr gut, sagt Brian Fischer, der bei Bank Vontobel die Einheit Platforms & Services leitet: «Sie geniessen das volle Vertrauen ihrer Kunden, und sie verstehen viel von der Vermögensanlage.» Die Banken organisieren derweil Zahlungsabwicklung und Kontoführung und bieten dem Vermögensverwalter die passenden Produkte für seine Anlagestrategie.
Warum setzen Wohlhabende überhaupt auf die Dienste von Vermögensverwaltern? Deren Kunden sind, wie Dorner ausführt, eine heterogene Gruppe; was sie eine, sei der Wunsch nach einer persönlichen, langjährigen Beratung. Es können etwa Personen mit einem tieferen Millionenbetrag auf dem Konto sein, die für die Banken aber doch »zu klein» sind, um einen persönlichen Service zu erfahren. «Gerade Unternehmer sprechen auf das EAM-Modell an» sagt derweil Fischer, «denn der Vermögensverwalter ist selbst ein Unternehmer, der geschäftliches Risiko eingeht.»
Neue Gesetze, neues Spiel
Eine Zäsur für die Branche bringen zwei 2020 eingeführte Gesetze, das Finanzinstituts- und das Finanzdienstleistungsgesetz (Finig und Fidleg): Vermögensverwalter müssen, um diesen Titel weiterhin tragen zu dürfen, künftig bei der Finma eine Bewilligung einholen, sich einer von fünf zugelassenen Aufsichtsorganisationen unterstellen und mit einer Ombudsstelle zusammenarbeiten.
An das Geldwäschereigesetz müssen sich Vermögensverwalter bisher schon halten. Gleichwohl steigen nun die Anforderungen an die Compliance, abhängig von der Grösse sowie der Komplexität des Geschäfts: Wer viele ausländische Kunden aus unterschiedlichen Ländern betreut, muss belegen, dass er dieser Aufgabe gewachsen ist. Der auch (finanzielle) Aufwand, um alle neuen Regeln zu erfüllen, ist beträchtlich. Die Finma selbst geht denn auch davon aus, dass einige Vermögensverwalter kein Gesuch einreichen werden, wie ein Sprecher sagt. Rund 2000 Vermögensverwalter haben der Finma gemeldet, eine Bewilligung einholen zu wollen.
Es fällt auf, dass sich die Schweizer Vermögensverwaltungsbranche in den letzten Jahren wenig konsolidiert hat. Einige Beobachter erwarten, dass es wegen der regulatorischen Anforderungen und IT-Investitionen bald dazu kommen könnte. Manche Vermögensverwalter glauben gleichwohl nicht an eine Industriealisierung ihrer Branche. Die Flexibilität bleibt ein Trumpf von Ein- oder Zwei-Personen-Betrieben. Und gute Software für das Management von Portefeuilles und Kunden lässt sich heute ab Stange kaufen.
Die Zukunftsperspektiven für die Branche bleiben intakt: Vermögensverwalter kämpfen künftig auf einem offenen, beaufsichtigten Markt um Kundschaft. Möge der Besssere gewinnen.